30.07.2023
Am 30. Juli ist internationaler Tag gegen Menschenhandel. In der kontroversen Debatte über ein Sexkaufverbot in Deutschland ist Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung immer wieder das Totschlagargument von Befürworter*innen des Sexkaufverbots. Aber wäre ein Sexkaufverbot wirklich die Lösung im Kampf gegen Menschenhandel? Hier einige Gedanken…
Zuerst einmal: Es ist unglaublich wichtig, sich mit dem Thema Menschenhandel zu befassen. Genauso wichtig ist es, dass Betroffene zu Wort kommen und dass ihnen geglaubt wird. Ausbeutung und Zwangsverhältnisse müssen sichtbar gemacht und bekämpft werden.
Achtung! Es passiert schnell, dass somit Betroffene stigmatisiert und Stereotype sowie Opfermythen (z.B. Rroma-Frauen als Opfer von Zwangsprostitution) festgeschrieben werden -> „Viktimisierung“
An dieser Stelle sollte jedoch differenziert werden. Sexarbeit ist eine legitime und legale Dienstleistung. Natürlich kein Job wie jeder andere, weil er kaum wie ein anderer stigmatisiert und kriminalisiert wird. Dennoch ein Job, der gute Arbeitsbedingungen braucht. Zu behaupten, Sexarbeit sei immer Gewalt, verharmlost tatsächliche Gewalt. DENN:
Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung ist ein schwerwiegendes Verbrechen, das bekämpft werden muss. Es ist wichtig, Ausbeutungs- und Gewaltverhältnisse klar als diese zu benennen – Sexarbeit hat in diesem Kontext nichts verloren! Um den Verbrechen entgegenzuwirken, braucht es legale Hilfen wie Solidarität, Entstigmatisierung, sichere Perspektiven für Betroffene von Menschenhandel (z.B. durch Wohnraum, Jobs) und vor allem Bleiberecht!
Um zu verhindern, dass Menschen in prekäre Arbeitsverhältnisse getrieben werden – und das gilt nicht nur für Sexarbeit – muss bei der Prävention an den strukturellen Ursachen angesetzt werden, die diese Gewaltverhältnisse überhaupt erst ermöglichen. Dazu zählen etwa Armut, Sexismus, Rassismus oder repressive Migrationspolitik.
Um Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung entgegenzuwirken, wäre ein Sexkaufverbot in unseren Augen die falsche Konsequenz. Verbotspolitik funktioniert nicht und treibt die Beteiligten nur noch mehr in den Untergrund! Die mit der Corona Pandemie verbundenen starken Restriktionen gegenüber der Ausübung von Sexarbeit ließen mögliche Auswirkungen eines Sexkaufverbotes erkennen. Die coronabedingten Schließungen von Prostitutionsstätten haben gezeigt, dass ein Sexkaufverbot die gesellschaftliche Stigmatisierung von Menschen in der Sexarbeit fördert, anstatt sie abzubauen. Die Freierbestrafung ist ein Sexarbeitsverbot durch die Hintertür und verwehrt Sexarbeitenden die sicheren Arbeitsplätze – das darf nicht sein!
Es ist kein Widerspruch gegen Menschenhandel zu kämpfen und Sexarbeit als Arbeit anzuerkennen! Wir als Fachberatungsstelle fordern die Differenzierung zwischen Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung und Sexarbeit, die Entkriminalisierung von Sexarbeit, sowie Rechte und gute Arbeitsbedingungen! Außerdem die Finanzierung von Fachberatungsstellen gegen Menschenhandel und die Einhaltung der EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels!